Ein bißchen mußte ich suchen, aber hier ist der Artikel, den ich noch im Kopf hatte.
Marcus
In Antwort auf:
Frankfurter Allgemeine Zeitung, 19.05.2003, Nr. 115, S. 21"Wir wollen die Preise von Saturn und Media-Markt unterbieten"
Mit Michael Wegert, dem geschäftsführenden Gesellschafter der Pro-Markt Handels GmbH, sprach Johannes Ritter
"Wir haben dieses Unternehmen für einen Euro gekauft. Wir kennen uns aus mit Schnäppchen." Mit dieser Schlagzeile auf einem ihrer Werbeprospekte bringen Michael und Matthias Wegert ihren Wiedereinstieg bei der Berliner Pro-Markt Handels GmbH auf den Punkt. Im Januar dieses Jahres haben die Brüder die stark angeschlagene Unterhaltungselektronik-Kette zum symbolischen Kaufpreis von einem Euro übernommen. Und nun wollen sie das Unternehmen über einschneidende Kostensenkungen sanieren und zugleich mit einer aggressiven Preisoffensive endlich wieder mehr Kunden in die Läden locken: "Wir wollen die Preisführerschaft übernehmen. Dazu gehört, auch die Preise von Saturn und Media-Markt zu unterbieten", sagt Michael Wegert.
Die Wegerts kennen sich gut aus in der hart umkämpften Welt der Unterhaltungselektronik. Aufbauend auf der Fotolabor-Kette, die ihr Vater Egon bereits in den dreißiger Jahren in Berlin gegründet hatte, erwarben sie 1988 die Namensrechte für Pro-Markt von der Mannheimer Firma Phora (Photo Radio) Wessendorf und eröffnen ihren ersten Pro-Markt am Kurt-Schumacher-Platz in Berlin. Als die Mauer fiel, nutzten die Unternehmer die Expansionschance und erwarben 44 ehemalige Handels- Organisations-(HO-)Läden im Osten. 1997 zählte die Gruppe in Berlin und den neuen Ländern mehr als 100 Foto-Radio-Wegert-Filialen und 33 Pro- Märkte.
Doch dann stießen die Wegerts an Finanzierungsgrenzen. Um das Wachstum dennoch fortsetzen zu können, suchten sie sich einen Partner: 1998 übernahm die britische Kingfisher-Gruppe 60 Prozent; 2000 verabschiedeten sich die Wegerts ganz.
Die Bilanz von Kingfisher jedoch ist verheerend: Es gelang den Briten nicht, auch nur in einem einzigen Jahr profitabel zu arbeiten. Von 1998 bis 2002 addieren sich die Verluste auf 172 Millionen Euro - davon entfielen allein 55 Millionen Euro auf das vergangene Jahr. In der gleichen Zeitspanne sackte der Umsatz (auf vergleichbarer Fläche) um 35 Prozent in den Keller; 2002 lag er nur noch bei 750 Millionen Euro.
Das Debakel vor Augen, bot Kingfisher die Gruppe im vergangenen Jahr wie sauer Bier zum Verkauf an. Doch nach einem Blick in die Bücher winkten alle Interessenten ab. Da die Briten selbst kein Geld mehr in die Hand nehmen wollten, bereiteten sie sich darauf vor, das Unternehmen in die Insolvenz zu führen. Davon bekamen die Wegert-Brüder Wind - und entschlossen sich zum Rückkauf ihrer Anteile. Wie Michael Wegert einräumt, spielten dabei auch emotionale Gründe eine Rolle. Die Hauptmotivation kam freilich von einer anderen Seite: "Wir glauben daran, daß Pro-Markt mit einem anderen Vertriebskonzept erfolgreich sein kann."
Daß man mit Elektronikmärkten auch in konsumschwachen Zeiten gutes Geld verdienen kann, zeigt der Branchenprimus: Die Ketten Saturn und Media- Markt haben 2002 mit rund 9,6 Milliarden Euro nicht nur 15 Prozent mehr umgesetzt als im Vorjahr; mit einem Ergebnis vor Steuern und Zinsen von 280 Millionen Euro (plus 25 Prozent) zählen sie zugleich zu den größten Ertragsbringern im Metro-Konzern.
Der Erfolg des großen Konkurrenten macht Wegert nicht Angst, sondern Mut. Mit einer Strategie, die ebenso wie die Geiz-ist-geil-Kampagnen (Saturn) auf Discount-Angebote ausgerichtet ist, könne auch Pro-Markt auf den Wachstumspfad zurückkehren. Unter der Ägide von Kingfisher sei Pro-Markt mit einer ganz anderen - aus Wegerts Sicht vollkommen falschen - Strategie angetreten: nämlich die Kunden mit guter Produktqualität, kompetenter Beratung und dafür aber vergleichsweise hohen Preisen anzusprechen. "Kingfisher hat das Konsumentenverhalten hierzulande falsch eingeschätzt. Der deutsche Kunde orientiert sich in erster Linie am Preis." Außerdem seien die Kosten unter dem Einfluß der Briten voll aus dem Ruder gelaufen. Diese Fehlentwicklungen wollen die Wegerts nun korrigieren: Auf allen Ebenen wird die Kostenschraube kräftig angezogen - auch beim Personal.
Besonders betroffen sind die zum Teil überdimensionierten und schlecht gelegenen Filialen im Süden und Südwesten Deutschlands, wo der größte Teil der Verluste herkommt: Von den dort beschäftigten 553 Menschen (insgesamt hat die Gruppe 3500 Mitarbeiter) werden wohl bis zu 20 Prozent ihre Stelle verlieren. In der Verwaltung werden 20 bis 25 Prozent der Arbeitsplätze gestrichen. Zugleich verhandelt Wegert mit den Vermietern über Mietsenkungen und Flächenverkleinerungen. Aufgeben will er jedoch keinen der 93 Pro-Markt-Standorte.
Das Produktangebot will Wegert deutlich straffen. Die fortan 7500 Artikel (bislang waren es 18000) sollen zu Tiefstpreisen feilgeboten und in Discounter-Manier ohne jeglichen Schnickschnack drum herum präsentiert werden. "Aldi macht es uns vor", sagt Wegert mit Blick auf den enormen PC-Absatz des Lebensmittelfilialisten. Analog dazu verzichtet er auf jegliche Imagewerbung; in den Schwarzweißanzeigen steht allein der Preis im Vordergrund. Um den drastischen Imagewandel vom beratungsintensiven Qualitätsanbieter zum "Billigheimer" (so die Eigenwerbung) auch äußerlich nachzuvollziehen und um sich von den zu Rewe gehörenden Pro-Markt-Filialen in Westdeutschland abzugrenzen, werden die Läden Schritt für Schritt in "Makro-Markt" umbenannt.
Branchenkenner halten die Stategie, auf die Discounter-Schiene zu setzen, grundsätzlich für richtig. Sie fragen sich aber, ob die Wegerts genügend finanzielle Mittel haben, diese auch mit Erfolg durchzuziehen. Sich gegenüber einem Wettbewerber wie Media-Saturn zu behaupten, der jährlich 450 bis 500 Millionen Euro in die Werbung steckt (das sind zwei Drittel des gesamten Wegert-Umsatzes), ist überaus schwierig.
Wegert räumt ein, daß ihm das Geld für Fernsehwerbung ebenso fehlt wie für teure Sozialpläne und für die Kündigung von Mietverträgen. Eine finanzierende Bank steht der Gruppe auch nicht zur Seite. "Bei Unterzeichnung des Kaufvertrags wurde uns mitgeteilt, daß sämtliche Kreditversicherer gekündigt haben", sagt Wegert. Gleichwohl gibt er sich überzeugt, dank der Vereinbarungen mit Kingfisher finanziell stark genug gerüstet zu sein. Da der Großteil der Verluste von den Briten übernommen worden sei, verfüge die Gruppe noch immer über ein Eigenkapital von 160 Millionen Euro. Die Eigenkapitalquote der Pro-Markt Handels GmbH beziffert er auf 30,5 Prozent. Zusätzlich gewähre Kingfisher einen Sanierungszuschuß von 50 Millionen Euro sowie Betriebsmittelkredite von 32,5 Millionen Euro.
Nach Wegerts Planungen sollen die Verluste 2003 und 2004 jeweils deutlich sinken. 2005 will er dann einen Gewinn in zweistelliger Millionenhöhe vorweisen. Der Manager weiß, daß dazu ein sehr schwieriger Spagat erforderlich ist: Bei sinkenden Margen - Sonderangebote sind reine Durchlaufposten - muß die Zahl der Neukunden deutlich höher sein als die Zahl derer, die durch den Image- und Namenswechsel verprellt werden. Wegert glaubt, dies schaffen zu können: "Wir wollen den Umsatz in diesem Jahr um 5 bis 7 Prozent erhöhen - und damit verlorene Marktanteile zurückgewinnen."
Zur Person
Die Lebensplanung des Kaufmanns Michael Wegert, 53 Jahre, sah ganz anders aus. Nachdem er die ihm und seinem Bruder Matthias gehörende Elektronikmarkt-Gruppe Pro-Markt 2000 ganz an die britische Kingfisher verkauft hatte, wollte er sich nur noch um seine Familie kümmern. Auch Matthias hatte mit dem Unternehmertum abgeschlossen und sich 650 Milchkühe gekauft. Doch weil sie dem Niedergang von Pro-Markt nicht tatenlos zusehen konnten, sind die Brüder seit Beginn dieses Jahres wieder in der Pflicht. Als Eigentümer und Geschäftsführer versuchen sie das unternehmerische Erbe ihres Vaters Egon zu retten.
Thank you Frank....
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Francis Albert Sinatra 1915-1998