Lese gerade auf Nancy's Website, dass vorgestern das Label Concord seinen Besitzer gewechselt hat. Deren Sinatra Remastering Bemühungen waren ja zumeist vielfach kritisiert worden. Nun bleibt also abzuwarten, ob die neue Führungsmannschaft sich zukünftig noch irgendwelchen Sinatra Projekten widmen wird. Offensichtlich ist der bisherige Miteigentümer Hal Gaba, der auch für manche Sinatra Neuausgaben verantwortlich gezeichnet hat, nicht mitübernommen worden. Interessant ist der Mann eigentlich nur deswegen, weil er die legendären ca. 120 Caesars Mitschnitte vor Jahr und Tag erworben und digitalisiert haben soll.
Andreas, um eine normalerweise lange Antwort kurz zu fassen, möchte ich Dich auf die Anmerkung von Giuseppe Marcucci beim 25. Januar 1974 (Dates june 1962-1995) verweisen. Er erzählt dort in Stichworten die Geschichte des Caesars Toningenieurs Dave Rodgers, der hauptsächlich zwischen 1974 und 1982 von allen Künstlern, die im Circus Maximus des Caesars Palace aufgetreten waren, heimlich Tonbandmitschnitte gefertigt hatte. Sein Neffe Gilbert Cebollero, der diese Tonbänder erbte, versuchte sie dann mit Hilfe von Hal Gaba zu Geld zu machen. Die ursprüngliche Absicht der beiden war es, die digitalisierten Bänder nach und nach als CDs zu verkaufen. Das Ganze scheiterte aber an den Anwälten der Sinatra Familie und an mancherlei Einsprüche der übrigen mitgeschnittenen Künstler. Die ausführlichere Version dieser Geschichte kann man auf den Seiten 4-7 der Ausgabe 116 der ehemaligen International Sinatra Society finden, wo auch (nahezu) alle ca. 120 mitgeschnittenen Sinatra Caesars Shows aufgeführt sind. Marcucci hat die betreffenden Shows ab 1974 mit drei Sternchen gekennzeichnet. Seine Angaben weichen aber stellenweise von denen der International Sinatra Society ab. Beste Grüße Joachim
ZitatOffensichtlich ist der bisherige Miteigentümer Hal Gaba, der auch für manche Sinatra Neuausgaben verantwortlich gezeichnet hat, nicht mitübernommen worden.
Das wäre auch schwer geworden. Hal Gaba ist 2009 verstorben.
Grüße, Michael -- "It bugs me when people try to analyze jazz as an intellectual theorem. It's not. It's feeling." - Bill Evans
ZitatOffensichtlich ist der bisherige Miteigentümer Hal Gaba, der auch für manche Sinatra Neuausgaben verantwortlich gezeichnet hat, nicht mitübernommen worden.
Das wäre auch schwer geworden. Hal Gaba ist 2009 verstorben.
Michael, ich danke Dir für die Auffrischung meines 70jährigen Gedächtnisses. Da ist er also am 9. März 2009 noch vor der Veröffentlichung der CD "Frank Sinatra - Live At The Meadowlands" verstorben, an der er als Executive Producer mitgewirkt hatte. Zu meiner Entschuldigung kann ich lediglich meine unzureichenden Englischkenntnisse anführen, habe ich doch in dem Variety Magazine Artikel über den Verkauf des Concord Labels den Terminus "late Hal Gaba" eher zeitlich denn als verstorben verstanden. Frohe Ostern Joachim
eine kleine Story zur unterschiedlichen Bedeutung des Begriffs "late":
Harry Belafonte holte eines Tages Martin Luther King ab um bei einer gemeinsamen Veranstaltung aufzutreten. Dessen Ankunft hatte sich aber sehr verzögert.
Der Taxifahrer gab sein Bestes und fuhr offenichtlich wie ein Geisteskranker zum Veranstaltungsort.
Darauf sagte King zum Taxifahrer in etwa: "Hör mal, ich habe überhaupt keine Sorge, wenn man feststellt 'Martin Luther King is late', aber ich hätte ein Problem wenn es hieße, 'the late Martin Luther King' "!!
Echte „Musikbesessenheit“ ist selten geworden unter den Verantwortlichen in der heutigen Musik- und Schallplattenindustrie, deren Konglomerate von Großkonzernen allgemein im Niedergang begriffen zu sein scheinen. Ausnahmen bestätigen bekanntlich die Regel – Hal Gaba war eine solche Ausnahmeerscheinung. Am 22. Januar 1946 in Oakland geboren, hatte er in Berkeley und Los Angeles Volks- und Betriebswirtschaft und Finanzmanagement studiert und seit den späten Sechziger Jahren zunächst für verschiedene Börsenhändler und Investmentfirmen gearbeitet, bevor er in den Siebziger Jahren die Vizepräsidentschaft der Hal-Roach-Studios in Hollywood übernahm und seine Arbeitsschwerpunkte fortan in der Musik- und Unterhaltungsindustrie setzte.
In den Neunziger Jahren zu einer der einflußreichsten „business people“ im Multimedia-Bereich aufgestiegen, erwarben Gaba und Lear schließlich 1999 das weltweit bei Jazzfreunden hoch geschätzte Plattenlabel „Concord Jazz“. Die von Gaba federführend betriebene Erweiterung des musikalischen Repertoires auf Pop & Rock, Lateinamerikanische Musik und Klassik wurde kritisch beäugt, seine Zusammenarbeit mit der Kaffeekette Starbucks kritisiert – doch anders als bei vielen anderen Musikkonzernen ging die Expansion des jetzt unter dem Namen „Concord Music Group“ firmierenden und weiterhin eigenständigen Unternehmens nicht zulasten der Jazz-Sparte. Im Gegenteil, Gaba erweiterte auch hier das Spektrum, erwarb Musikrechte für Aufnahmen von Stars wie John Coltrane, Miles Davis, Otis Redding oder Thelonious Monk, und beließ die eingespielten Produzententeams von „Concord Jazz“ an ihrem Platz.
„Gaba war ein Musikbesessener“, so beschreibt ihn sein langjähriger Geschäftspartner Norman Lear, „die eigene Plattenfirma war sein Leben. Und wenn man Lust hatte, Musik von Frank Sinatra zu hören, dann brauchte man bloß in sein Büro zu gehen, egal zu welcher Tages- oder Nachtzeit. Dort lief immer gute Musik, und eben vor allem Sinatra. Das war seine größte Liebe“.
Und Gaba schaffte, was unmöglich schien: Nach langen und zähen Verhandlungen konnte Gaba im vergangenen Jahr einen Deal mit „Frank Sinatra Enterprises“ (also den Sinatra-Erben) abschließen und erstmals Aufnahmen seines Idols zum Concord-Label holen. Anfang Mai 2009 erscheinen auf diese Weise gleich zwei Sinatra-Alben bei Concord: Zum einen „Live At The Meadowlands“ (mit einem Konzertmitschnitt vom März 1986), und ferner eine erweiterte Neuausgabe des Studioalbums „My Way“ (1969), das in diesen Tagen seinen 40. Geburtstag feiert.
Für Gaba die Erfüllung eines Lebenstraums – doch er wird die beiden neuen Scheiben nicht mehr in den Händen halten können: Anfang Januar erkrankte Gaba an einer seltenen, besonders aggressiven Form von Prostatakrebs, der er schon am 9. März 2009 in seinem Haus in Los Angeles erlag. Die Zukunft von Concord steht nun unter einem ungewissen Stern – die beiden Sinatra-Veröffentlichungen aber werden Hal Gabas Vermächtnis bleiben. (bvo)
(aus: The Voice. Magazin der Deutschen Sinatra Society, Ausgabe #31/2009, s.v. Farewell)
Schade, dann hat sich meine damalige Prognose leider erfüllt...
Viele Grüße, Bernhard.
----- "Alte Wege, die wir wandern, werden neue Wege sein, unser Denkmal ist den andern dann ein Kilometerstein"
FRANCIS ALBERT SINATRA 12.12.1915 - 14.5.1998 THERE WILL NEVER BE ANOTHER YOU
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